Japan: Kapitalismus ohne Klassenkampf? Zur Kritik des Kaiserkapitalismus

Sonntag, 27.03.2022, Einlass: 18:30 Uhr, Beginn: 19:00 Uhr, Conne Island (Café)

Japan ist zur Projektionsfläche verschiedener gesellschaftlichen Lager in Deutschland geworden. Aufgrund ihrer Militanz faszinieren Studentenbewegung von 1968 und die Rote Armee Fraktion Japans Teile der radikalen Linken – eine Militanz die zugleich dem Bild von der arbeitsamen und unternehmensloyalen japanischen Bevölkerung widerspricht. In den 1980er und 1990ern feierte die Managementliteratur vor dem Hintergrund der sinkenden Profitabilität des deutschen Kapitals den Toyotismus als Vorbild zur Reorganisation von Arbeit und Wertschöpfungsketten. Das japanische Regulationsmodell galt als Alternative zum angloamerikanischer Neoliberalismus. Heute diskutiert die AfD den „japanischen Weg“ als Alternative zur vermeintlich zuwanderungsfreundlichen Politik der Bundesrepublik.
Soichiro Sumida befasst sich mit der widersprüchlichen sozialen Realität Japans. Ideologiekritisch richtet sich sein Blick auf das Japan der Nachkriegsära, die historischen Regulationsphasen des Kapitalismus in Japan und die japanische Arbeiter*innenbewegung. Wieso bildete sich in Japan trotz seines Wachstums nach 1945 keine starke Arbeiter*innenbewegung heraus? Was hielt die japanische Gesellschaft zusammen trotz bestandsbedrohender Krisen und sozialer Desintegrationsprozesse? Warum sind die sozialen Bewegungen in Japan vergleichsweise sehr gering? Welche politischen Formierungsprozesse gibt es in der japanischen Linken und wie entwickelte sich der japanische Marxismus?

Soichiro ist derzeit Post-Doc an der Universität Oldenburg. Er ist an der Übersetzung der MEGA (Marx-Engels-Gesamtausgabe) in Japanische beteiligt und ist aktiv in Tokios antirassistischen Zusammenhängen.

Der Vortrag findet unter der 3G-Regelung im Café des Conne Island statt.

 

Die Quote Nr. 6 ist erschienen

Die mittlerweile sechste Ausgabe der selbstorganisierten Call Center Kolleg*innen-Zeitung „Die Quote“ ist erschienen. Darin enthalten ist u.a. der zweite Teil eines Artikels von unserem Genossen, der derzeit sein Dasein in einem der sächsischen Callcenter fristet. Im zweiten Teil des Artikels berichtet unser Genosse von den Mühen des Organizing, dem (vergeblichen) Aufbau einer Betriebsgruppe, Enttäuschungen durch den Betriebsrat sowie das praktische Vorgehen gegen Nazis auf Arbeit. Zudem berichtet die Ausgabe von den Erfahrungen einiger Kieler Genoss*innen, die mit ihrer Aktivengruppe Vernetzungsarbeit anstoßen und sicherlich einige Schritte in ihrer Organisierung voraus sind. Daneben auch ein Blick über den Globus: Arbeitskämpfe in den USA / auf den Philippinen, Verhältnisse in Brasilien sowie Berichte über eine Call Center Basisgewerkschaft in Albanien. Die Redaktion als auch wir freuen uns über weitere Beiträge und Feedback!

Beachtet auch unser Dossier zur Organisierung in Callcentern.

Die Quote Nr. 5 ist erschienen!

Die fünfte Ausgabe der selbstorganisierten Call Center Kolleg*innen-Zeitung „Die Quote“ ist erschienen! In ihr ist u.a. ein erster Artikel eines Genossen von uns veröffentlicht worden, der sich mit seinen Arbeitsbedingungen in einem sächsischen Call Center und der Zusammensetzung der Belegschaft auseinandersetzt. In der nächsten Ausgabe wird der zweite Teil veröffentlicht werden. Zudem handeln weitere Texte der aktuellen Ausgabe von den beschissenen Zuständen in den Betrieben, den disziplinierenden Methoden des Managements und dem Widerstand kämpferischer Kolleg*innen. Die Redaktion und wir freuen uns über weitere Beiträge und Feedback!

Beachtet auch unser Dossier zur Organisierung in Callcentern.

Übersetzung: Interview von Notes from Below mit dem Kolinko Kollektiv

Fragen und Antworten mit den AutorInnen des Hotlines Buchs

Interview mit dem Kolinko Kollektiv von Jamie Woodcock

(Ins Deutsche übersetzt von den amici della conricerca – Leipzig. Das englische Originalinterview findet sich in Ausgabe #4.3 „The Call Centre Seen from Below“ der Notes from Below)

In diesem Interview sprach Jamie mit ehemaligen Mitgliedern des Kolinko Kollektivs, welches von der zweiten Hälfte der 1990er Jahre bis in die erste Hälfte der 2000er existierte. Ihre Hotlines Untersuchung liegt in Buchform vor und kann online nachgelesen werden.

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Reelle Subsumtion und Insubordination im Zeitalter der digitalen Maschinerie. Mit-Untersuchung der Streikenden bei Amazon in Leipzig

Im Sommer 2017 ist ein ausführlicher Artikel zweier Leipziger Autoren in der 187. Ausgabe der sozialwissenschaftlichen Zeitschrift PROKLA erschienen. Leider war dieser online bislang nicht abrufbar. Er wurde von der Redaktion inzwischen verfügbar gemacht (pdf-Datei). Der Titel lautet: Reelle Subsumption und Insubordination im Zeitalter der digitalen Maschinerie. Mit-Untersuchung der Streikenden bei Amazon in Leipzig. Hiermit wollen wir nun den vollständigen Text an dieser Stelle dokumentieren, da die Untersuchenden nicht nur unserer eigenen politischen Arbeit sehr nahestehen, sondern ihre Form der Herangehensweise an die Analyse der Arbeits- und Verwertungsbedingungen im Logistiksektor mittels einer sogenannten conricerca als beispielhaft für die Region gelten dürfte. Wer von weiteren, laufenden oder bereits ausgewerteten Untersuchungen der jüngeren Zeit weiß, melde sich doch bitte bei uns!

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Let´s talk about (social) Strikes!

Auf Einladung der Hamburger Gruppe für den organisierten Widerspruch (GROW) werden wir am Mittwochabend, dem 18.07.2018, ab 19.00 Uhr in der Roten Flora (Achidi-John-Platz 1, 20357 Hamburg) über Klassenkämpfe in der Logistikbranche sowie linksradikale Arbeitskampfunterstützung sprechen. Anlass zur Diskussion über den so genannten „Social Strike“ ist die inzwischen ein Jahr zurückliegende Hafenblockade in Zusammenhang mit den Protesten gegen den G20-Gipfel. Damals hatten knapp 1.000 Aktivist*innen die Zufahrtswege in den Hafen blockiert. Wir freuen uns im Rahmen der Veranstaltung auch auf die Genoss*innen der Plateforme d’Enquêtes Militantes aus Paris, mit denen wir uns austauschen möchten.

Der vollständige Einladungstext von GROW wird im Folgenden dokumentiert: „Let´s talk about (social) Strikes!“ weiterlesen

Das Rad nicht neu erfinden – Vortrag & Diskussion zu linker Arbeitskampfunterstützung von außen

Auf Einladung der Gruppe Salt City Antifa werden wir am 12. April 2018 um 19.30 Uhr im Infocafe Anna & Arthur (Katzenstraße 2, 21335 Lüneburg) über das Thema der Arbeitskampfunterstützung durch linke Aktivist*innen sprechen.

 

Fast so scheint es als würde gewisse Teile der radikalen Linken wieder über Klassenkämpfe und die Belange von Arbeiter*innen sprechen wollen. Spätestens im Zuge der Veröffentlichung Didier Eribons Buch „Rückkehr nach Reims“ und den Debatten um eine neue Klassenpolitik sind die Lesekreise sowie Beiträge in linken bis hin zu bürgerlichen Zeitungen gut gefüllt mit Abhandlungen über aktuelle Themen zur Klassenfrage. Doch oftmals mangelt es gar nicht an einer theoretischen „Beschäftigung“ mit Marxschen Begriffen wie Klasse, Kapital oder auch der medialen Zurkenntnisnahme von Arbeiter*innenstreiks. Was vielmehr zu kurz kommt ist das kollektive Erleben und Auswerten konkreter Erfahrungen, die erst durch die gemeinsame Arbeitskampfbeteiligung entstehen können. Das Wissen früherer Generationen über die Analyse von konkreten Betrieben sowie dortigen Kampfbedingungen, das Organisieren oder Unterstützen von Arbeitskämpfen und die Entwicklung widerständiger Praxen am Arbeitsplatz ist im Bewusstsein der radikalen Linken, die selbst größtenteils ein Dasein als Lohnabhängige fristen muss, weitestgehend verschüttet gegangen. Die Aktivist*innen, sofern sie es nicht eh schon versäumen ihre eigenen Arbeits- und Lebensbedingungen als Ausgang ihrer Klassenkonflikte zu politisieren, sind für die stattfindenden Arbeitskämpfe im Zeitalter des digitalen Kapitalismus kaum von Bedeutung. Diese ernüchternde Hypothese bildet die Ausgangslage für den Vortrag, der mehr als ein schnödes Referat über längst vergangene Revolutionshoffnungen einer klassenkämpferischen Linken sein will. Vielmehr sollen Fragen zur konkreten Arbeitskampfunterstützung praxisnah beantwortet werden. Anhand der Beobachtungen und Diskussionen, die der Referent sowie seine Genoss*innen bei Amazon in Leipzig als auch anderen Konflikten gesammelt haben, sollen vorhandene Ansätze zur Kooperation mit kämpferischen Kolleg*innen u.a. in der Logistik dargelegt werden. Explizites Ziel des Vortrags ist es daher nicht, bloß bei einer theoretischen Einschätzung über aktuelle Arbeitsbedingungen und das Niveau von Klassenkämpfen in der BRD stehen zu bleiben, sondern erprobte Werkzeuge für die arbeitskämpferische Praxis interessierten Genoss*innen zur Diskussion zu stellen. Wie kann ich Kontakt zu Belegschaften herstellen, wenn ich nicht selbst vor Ort arbeite? Was für Mittel gibt es, um kämpferische Kolleg*innen langfristig zu unterstützen? Welche Rolle spielen die Gewerkschaften dabei? Wie kann ich mir überhaupt Wissen über den Betrieb und seine Besonderheiten aneignen, um es für meine politische Arbeit zu nutzen? Was für Fallstricke gibt es womöglich? Wie antikapitalisisch können solche Kämpfe überhaupt sein? Wie lassen sich verschiedene Belegschaften und ihre Konflikte mit anderen verbinden? Diese und weitere Fragen gilt es zu beantworten. Was die Begriffe der Mit-Untersuchung, Klassenzusammensetzung, Solidaritätsbündnisse und des Organizing damit zu tun haben, soll im Zuge des Vortrags geklärt werden.

Teilnahme an der Demonstration der Siemens- und Bombardier-Arbeiter*innen in Görlitz

Am Freitag (19. Januar 2018) wird es eine zentrale Demonstration der Lohnarbeiter*innen von Bombardier und Siemens durch Görlitz geben. Beide Werke sind von massiven Stellenstreichungen bzw. Werksschließungen bedroht. Wer sich aus Leipzig oder der Region an dem Protest beteiligen möchte, kann uns unter amicidellaconricerca[at]riseup[dot]net eine Mail zwecks gemeinsamer Anreise schreiben. Basisgewerkschaftliche und arbeitskämpferische Linke wie etwa die FAU und critique’n’act aus Dresden rufen ebenfalls zur Teilnahme an der Demonstration auf und hatten bereits zu einem Vorbereitungstreffen geladen.

  • Ab 13.00 Uhr Beginn der jeweiligen Demonstrationszüge vor den Werkstoren von Bombardier und Siemens
  • Ab 14.00 Uhr zentrale Kundgebung auf dem Obermarkt

 

Übersetzung: Affinität und Divergenz hinsichtlich der Blockade des Hamburger Hafens zwischen umsGanze und uns [Berlin Migrant Strikers]

Der folgende Text wurde von uns in relativ kurzer Zeit übersetzt und erschien ursprünglich als Reaktion auf einen Debattenbeitrag von uns mit dem Titel Warum denn bloß ein social Warnstreik? Dieser erschien zunächst am 21. Juni 2017 im Lower Class Magazine. In Absprache mit den Berlin Migrant Strikers, die ihren englischsprachigen Text „Affinity and divergence between Ums Ganze and us, towards the block of the port of Hamburg“ auf dem Portal connessioni precarie als Antwort veröffentlicht hatten (kurz zuvor konnte man den Text bereits auf der Facebook-Seite der BMS lesen), schlugen wir einen Aufschlag für eine deutsche Übersetzung ihres Textes vor, um über den Inhalt im Gespräch zu bleiben, die Debatte für einen größeren Personenkreis zu öffnen und die Diskussion über das Konzept des Social Strikes fortzuführen. Der Artikel ist nun fertig übersetzt worden und kann an dieser Stelle nachgelesen werden.

„Übersetzung: Affinität und Divergenz hinsichtlich der Blockade des Hamburger Hafens zwischen umsGanze und uns [Berlin Migrant Strikers]“ weiterlesen

…umsGanze! bei G20 – warum denn bloß ein Social Warnstreik?

[Dieser Text ist freundlicherweise zuerst im Lower Class Magazine erschienen]

 

Ums Ganze … vom Kopf auf die Füße stellen. Eine kritische Auseinandersetzung mit der geplanten Hafenblockade in Hamburg.

Timon Simons: „Wir versuchen tatsächlich aus unserer Sicht andere, neue Wege des Protests und des Widerstands zu gehen. Deswegen wollen wir am 7. Juli in den Hamburger Hafen gehen.“‘(1)

Was folgt ist eine allenfalls skizzenhafte Kritik an den geplanten Aktionen von …umsGanze! [uG], Beyond Europe und der Hamburger Gruppe GROW zum diesjährigen G20-Gipfel. Sie ist notwendig, um über konzeptionelle Fallstricke hinsichtlich der geplanten Aktion mit dem Slogan „Shut down the logistics of capital“ ins Gespräch zu kommen. Im folgenden wird das Vorhaben, das darüber hinaus ein Teil vom Hamburg City Strike (2) ist, der Einfachheit halber als „Shut down Hamburg“ bezeichnet. Während der Hamburg City Strike der Meinung der Autor*innen nach das ernstzunehmende Unterfangen eines Social Strikes in der gesamten Hansestadt darstellt, verkauft uG ihre Massenblockade fälschlicherweise als Form eines sozialen Kampfs.

Die grundlegende These dieses Textes lautet: Die Überlegungen von Shut down Hamburg zum Social Strike sind allenfalls halbherzig. Die Belange der lokalen Kolleg*innen hätte man mittels einer kommunistischen Kritik an der zentralen Rolle von Logistik im digitalen Kapitalismus zum G20-Gipfel verbinden müssen; stattdessen kommen sie bei uG nicht vor. Dies soll im Folgenden nachgewiesen werden. Kurz gesagt plädieren wir für: 1. Lokale (Ausbeutungs-)Verhältnisse in den Kontext globaler Logistik stellen, 2. daran kommunistische Kritik entfalten, 3. ausgehend von der strukturellen Macht der Beschäftigten vor Ort den gemeinsamen Kampf zu G20 führen und daran anschließend 4. emanzipatorische Alternativen zum Bestehenden aufzeigen. Bei uG steht dieser Ansatz jedoch auf dem Kopf.

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